Leserbrief zum Kommentar von Frau Gammeling vom 12.5.2017

veröffentlicht am 20./21. Mai 2017 in der Süddeutschen Zeitung

Steuersenken bei guten Steuereinnahmen ist ein verlockender Gedanke. Dass Sie sich Gedanken machen, das die Bürger, die wegen geringer Einkommen keine Steuer zahlen, und so von Steuersenkung nichts haben, ist lobenswert.
Sie übersehen aus meiner Sicht  drei Fakten:

  1. Die Bundesregierung hat eigentlich keine "Schwarze Null" in ihrem Haushalt. Sie hat Schuldet bei den Rentnern, sprich der Rentenkasse. Im Jahr 2015 waren der Bundeszuschuss für die "Versicherungsfremden Leistungen"  um 18,9 Mrd. Euro zu niedrig. Das war nicht ein einmaliger Ausrutscher, sonder es war die Jahre davor auch schon so, so dass dieser Fehlbetrag in der Rentenkasse sich seit 1957 auf 748.003 Mio Euro aufsummiert hat. Als Beleg lege ich Ihnen 2 Info-Blätter der Aktion Demokratische Gemeinschaft e.V. bei.
  2. Sozialabgaben sind keine Gebühren und keine Steuern. Es sind Beiträge in die Versicherungen, die einen totalen sozialen und finanziellen Absturz bei Krankheit, Arbeitslosigkeit usw. versichern sollen. Dazu ein nicht Beispiel: Sie wollen die Hausratsversicherung auch nicht kürzen, und hoffen, im Schadenfall die Volle Summe ersetzt zu bekommen. Es ist ein nicht auszurottender Fehlgedanke, Steuern und Sozialbeiträge in eine Topf zu schmeißen.
  3. Es gäbe schon Möglichkeiten im Steuersystem die Benachteiligten mit an einer Entlastung zu beteiligen.
    Erstens eine "Negativsteuer". Da erhalten die Bürger, deren Einkommen so gering ist, dass sie von der bisherigen Steuertabelle erfasst werden, eine Steuererstattung, wie wenn sie zu viel Steuern bezahlt hätten. Oder
    Zweitens das Bedingungslose Grundeinkommen". Da erhält jeder einen Betrag, der dann bei höherem Einkommen gegen die Steuerschuld gegen gerechnet wird. Über die Höhe der Negativsteuer oder des bedingungslosen Grundeinkommens und deren Finanzierung muss gesellschaftspolitisch gestritten werden., Auch beim Mindestlohn war das so. Nur musste beim Mindestlohn der Staat nicht seinen Säckel auf machen. Das mussten die Arbeitgeber tragen, was ja bisher auch funktioniert hat. Bedingungslos bedeutet nur, dass ich nicht nachweisen muss, was ich alles Besitze. Das reduziert die Neid-Diskussion.

Die Informationen zur Rente finden Sie im Internet unter www.adg-ev.de

Mit freundlichen Grüßen
Diethard Linck


Kommentare:

Geschrieben am 24.05.2017

"Ein sehr guter Leserbrief, der was selten genug ist, konstruktive Vorschläge bietet. Leider fliessen die Rentenbeiträge in den Steuertopf und sind daher von den Politikern und insbesonderen dem Finanzminister wider besserem Wissen, wie eben alle Steuern nicht zweckgebunden. Folglich auch keine Buchhaltung und freie Verwendung; z.B. für die Schwarze Null."

Antwort:

Genau diese Sichtweise ist das Problem. Die Sozialabgaben fließen nicht in den Steuertopf, sondern sind Beiträge zu der jeweiligen Versicherung und gehen direkt an die jeweilige Kasse. Bei der Rentenversicherung gibt es dann nach Gutdünken einen Zuschuß, der aber nicht die Kosten, für die Positionen für die er vorgesehen ist, deckt.

„Mehr Sicherheit, mehr Entlastung“ vom 24./25. Mai und weitere Artikel zu den bundesdeutschen Steuerüberschüssen: veröffentlicht am 03.06.2017

Mit Sozialabgaben verrechnen

In ihrem Kommentar „Runter – bloß wie“ vom 11. Mai plädierte Cerstin Gammelin gegen Steuersenkungen, weil sie Geringverdienern nichts nützen. Besser sei das Drehen an verschiedenen Abgaben- und Gebührenschrauben. Daraufhin schlug ein Leser unter anderem eine Negativsteuer vor („Huch, plötzlich zu viel Geld!“, 20./21. Mai). Tatsächlich sind die Steuern im unteren und mittleren Bereich niedrig, der Klotz am Bein sind die Sozialabgaben. Einfach, unbürokratisch und gerecht ist deshalb die Negativsteuer dergestalt, dass der progressive Tarif auf die gesamte Abgabenbelastung statt nur auf die Einkommensteuer angewandt wird. Wer danach zum Beispiel 17 Prozent Gesamtabgaben zahlen muss, aber bereits 19 Prozent Sozialabgaben bezahlt hat, erhält zwei Prozent Steuererstattung....

Torsten Ermel, Lübbecke

Antwort:

Bewust oder nicht wird übersehen, dass Sozialabgaben ein Versicherung für mögliche oder tatsächliche Ereignisse sind und kein "Klotz am Bein". Bei der KFZ-Versicherung wird auch nicht gefordert, die Beiträge zu kürzen (oder ist das kein Klotz am Bein bei den Betriebskosten?).

Die Kosequenz einer Kürzung bei den Zahlungen bei der Rente ist eine Reduktion des Wertes von Rentenpunkten und damit von der zukünftigen Rente.


Wer Zugang zum geschützten Bereich hat, kann den Artikel und auch den Abdruck des Forums vom 20. 05 2017 nachlesen