Sehr geehrter Herr B.,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail. Entgegen ihrer Vermu­tung ist es weder meine Ab­sicht noch die der FDP-Bundes­tagsfraktion in die gesetzliche Rentenversicherung einzugrei­fen. Wir wollen anders als bei­spielsweise die Sozialdemokra­ten am Rentenkonsens, der vor zehn Jahren zwischen CDU/ CSU, SPD, FDP und Grünen er­zielt worden war, festhalten. Als junger Abgeordneter trete ich für eine gerechte Renten­politik ein, welche keine Gene­ration überfordert. Die Renten­reformen der letzten Jahre ha­ben erfolgreich dafür gesorgt, diese Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. Unser Rentensys­tem ist umlagefinanziert, die aus einer alternden Gesell­schaft resultierenden Konse­quenzen lassen sich nicht weg­diskutieren. Anders als vielfach unterstellt sparen im System unserer derzeitigen gesetzli­chen Rentenversicherung die Beitragszahler keineswegs Ver­mögen an, die monatlich abge­führten Rentenversicherungs­beiträge dienen lediglich der Begleichung der bestehenden, akuten Ansprüche der Rentne­rinnen und Rentner. Je mehr das Verhältnis zwischen Bei­tragszahlern und Rentenleis­tungsempfängern angesichts der demographischen Entwick­lung aus dem Gleichgewicht, desto größer die Finanzie­rungsprobleme.

Die Aufstellung der Altersvor­sorge auf zwei Säulen - eine umlagefinanzierte und eine kapitalgedeckte - im Rahmen der Riester-Reformen war und ist deshalb richtig, genauso wie die Rente mit 67. Die von der christlich-liberalen Koalition nun beabsichtigte Senkung des Rentenversicherungsbeitrags auf 18,9% resultiert lediglich aus der Anwendung bereits bestehender gesetzlicher Vor­schriften, die Teil der Renten­reformen der vergangenen Jahre waren. Die vergangenen Jahrzehnte haben uns dabei eines gelehrt - um es einmal ganz bildhaft auszudrücken: Eher legt sich ein Hund einen Wurstvorrat an, als dass die Volksparteien Rücklagen auf­bauen und unangetastet lassen. Die Ansammlung von Beitragsgeldern in der Renten­versicherung verleitet eher zu Leistungsausweitungen und zur Rücknahme von Reformen. Laut ist schon jetzt der Chor derjenigen in der Opposition, die klare Vorstellungen davon haben, was man mit dem Geld an sozialen Wohltaten bewir­ken könnte. Die Idee hinter dem Automatismus der Bei­tragssenkung ist, zum einen den Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung möglichst niedrig zu halten, um auch Menschen mit geringerem Ein­kommen in die Lage zu verset­zen, privat vorsorgen und so im Alter eine auskömmliche Al­tersversorgung erreichen zu können. Zum anderen sollen so die jüngeren Generationen nicht noch stärker belastet wer­den, die ja ohnehin niedrigere Renten als die älteren Jahrgän­ge zu erwarten haben.

Zu dem berechtigten Vorwurf, Ansprüche aus privater Vorsor­ge im Falle des Bezugs der Grundsicherung im Alter nicht anzurechnen, kann ich Ihnen versichern, dass wir gerade in der aktuellen Debatte um die Lebensleistungsrente darauf drängen, einen Freibetrag ein­zuführen.  Jeder, der sich an­strengt, indem er privat und eigenverantwortlich für das Alter vorsorgt, soll dafür auch im Rentenalter belohnt wer­den. Profitieren würden da­durch insbesondere Geringver­diener, die im Alter sonst allein über Grundsicherungsleistun­gen versorgt würden.

Ich gebe Ihnen Recht, dass auch eine Reform der Altersversor­gung von Abgeordneten drin­gend geboten wäre. Das schei­tert derzeit sicherlich nicht an den jungen Abgeordneten im Deutschen Bundestag. Die Fi­nanzierungsprobleme der Deutschen Rentenversicherung werden wir indes damit auch nicht lösen können.

Mit freundlichen Grüßen

Johannes V.