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Aus den Medien ist zu erfahren, dass der Bundesfinanzhof (BFH) noch in diesem Jahr über die Besteuerung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung entscheidet.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ging davon aus, dass dem Pflichtversicherten der Arbeitgeberbeitrag zur Rentenversicherung steuerfrei zufloss. Unter dieser Prämisse entstand das Alterseinkünftegesetz. 2005 betrug der zu versteuernde Teil der Rente 50 Prozent. Er steigt dann jedes Jahr für die Neurentner. Wer 2020 in den Ruhestand geht, muss bereits 80 Prozent seiner Rente versteuern. Im Jahr 2040 werden es 100 Prozent der Rente sein. Zu beachten ist auch, dass der Restbetrag in Euro zu 100 Prozent für die einzelne Rentnerin bzw. den einzelnen Rentner quasi als steuerfreier Betrag festgeschrieben wird. Das heißt, dass jede Rentenerhöhung voll versteuert wird.

Die Aufwendungen für die Altersvorsorge werden zunehmend steuerfrei gestellt.

Tatsächlich haben Pflichtversicherte bereits während ihrer Aktivzeit eine Reihe von steuerlich-finanziellen Nachteilen, die am 6. März 2002 im so genannten Rentenurteil des BVerfG keine Beachtung fanden. An diesem Tag entschied das Gericht, dass Pensionäre gegenüber Rentnern steuerlich benachteiligt würden (AZ 2 BvL 17/99).

Beamte sind von Beiträgen zur Rentenversicherung (RV) und Arbeitslosenversicherung (AV) befreit. Ein dem Pflichtversicherten äquivalenter Beamter (äB) bezog dessen Lohn abzüglich der Beiträge zur RV und AV. In seiner Aktivzeit entstand dem Pflichtversicherten durch die Entrichtung einer höheren Steuer auf seinen Bruttolohn gegenüber dem Beamten ein Progressionsnachteil.

Ab 1983 bezogen Beamte die gekürzte Vorsorgepauschale (VSP). Wer als Pflichtversicherter in der Zeit vor 1983 arbeitete, bezog eine gleich-hohe VSP wie ein Beamter, obwohl dieser von Abgaben an die RV und AlV befreit war. In Zahlen: 1982 bezog ein Beamter wie auch der Pflichtversicherte eine VSP in Höhe von 3.510 DM. Nach Abzug der Anteile für die RV und die AlV von der VSP verblieben dem Pflichtversicherten 1.019 DM, einen Beamten 3.510 DM. Ein Jahr später, 1983, blieben dem Pflichtversicherten unter den gleichen Bedingungen 982 DM, einem Beamten 2.000 DM. Also, auch nach der Kürzung erhielt ein Beamter weiterhin eine höhere VSP als der Pflichtversicherte. In seiner Aktivzeit entstand ihm gegenüber einem Beamten ein VSP-Nachteil.

Analog zum Grundpreis von Waren kann man bei der Rente fragen, wie hoch die Summe der Beiträge aus versteuertem Lohn für 1.000 Euro der monatlichen Erstrente ist. Hierzu ist die Betrachtung des Verlaufs der VSP notwendig: Die VSP steigt zunächst mit zunehmendem Lohn, erreicht ein Maximum und fällt dann auf einen Grenzwert ab. Der Durchschnittslohn (DL) findet sich etwa bei der Hälfte der BBG. Das Maximum der VSP wird bei ca. der Hälfte des DL erreicht; es liegt also bei etwa einem Viertel der BBG. Löhne in der Nähe des Maximums bewirken nicht nur eine höhere VSP, sondern auch einen geringeren Beitrag zur RV für eine Erstrente in Höhe von 1.000 Euro. Obwohl also Pflichtversicherte unterschiedlich hohe Beiträge aus versteuertem Einkommen für denselben Rentenanspruch entrichten, wird jeder Renten-Zugangsjahrgang nach der gleichen Systematik besteuert. Das heißt, die Höhe der Besteuerung und der Freibeträge sind für alle Neurentner gleich – ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz.

Wer etwa als Pflichtversicherter in drei Vierteln der Zeit von 1968 bis 1999 einen Lohn über der BBG zur RV bezog, entrichtete gegenüber einem Pflichtversicherten mit rund ¼ der BBG etwa das 20fache an Beiträgen aus versteuertem Einkommen für 1.000 Euro Erstrente. Es entstand dem Pflichtversicherten in seiner Aktivzeit auch ein Grundpreisnachteil.

Diese drei Nachteile entstanden dem Pflichtversicherten also in seiner Aktivzeit. Sie wurden niemals ausgeglichen.

In einer neuen Entscheidung des BVerfG sollten außer den genannten Nachteilen auch zwei andere Punkte geklärt werden:

die nachträgliche Berücksichtigung der VSP und

die ersatzlosen Enteignungen von angesparten Mitteln.

Die nachträgliche Berücksichtigung einer Steuervergünstigung betrifft die VSP:

Die VSP wurde von allen Steuerzahlern viereinhalb Jahrzehnte bis 2004 bezogen. Sie konnten darauf vertrauen, dass sich ihr Bezug später nicht nachteilig für sie auswirkt.

Die VSP war in die Programme zur Steuerberechnung eingearbeitet. Die Steuerzahler konnten sie also nicht ablehnen oder sich ihr entziehen.

Es ist unverständlich, dass die VSP bei den Pensionen unberücksichtigt blieb.

Zur ersatzlosen Enteignung von angesparten Mitteln:

Vor beiden Weltkriegen hatten die Pflichtversicherten insgesamt 17 Jahresausgaben aus versteuertem Einkommen angespart.

Diese Mittel wurden vom Gesetzgeber konfisziert und niemals rückerstattet.

Es handelt sich also um eine Subventionierung aller Nicht-Pflichtversicherten.

Eine Entscheidung des BVerfG ist Gesetz. Sie kann nur durch das BVerfG selbst geändert oder aufgehoben werden. Der BFH kann dazu gemäß Art 100 Grundgesetz eine neue Entscheidung des BVerfG einholen. Es gilt abzuwarten, ob der BFH tatsächlich die Situation der Pflichtversicherten vollständig berücksichtigt.