Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv
 

Warum sollten sie, es hat doch bisher alles funktioniert?

Warum? Dazu gibt es zwei Gründe, eine ökonomische und eine gesellschaftspolitische, die hier näher erläutert werden sollen. Es gilt dabei der Grundsatz: Es soll niemand schlechter gestellt werden. Wir sitzen alle im selben Boot, aber nicht alle beteiligen sich am Fundament unserer Gesellschaft.

Eine Diskussion ist erforderlich!

Die Beamtenvertreter und die Politik berufen sich auf Art. 33 Abs. 5 Grundgesetz (GG). Dort sind „die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“ erwähnt, nach denen der Dienst der Beamten geregelt sein soll. In Abs.4 ist geregelt, dass hoheitsrechtliche Befugnisse als eine ständige Aufgabe den Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen sind und diese deshalb in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen. Dies gilt für alle verbeamteten Bedienstete in Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltungen.

Im Beamtenrecht herrscht das Alimentationsprinzip. Die Beamten erhalten kein Entgelt für eine Leistung, sondern im Gegenzug für ihre Dienste eine Alimentation durch den Staat. Das bedeutet, der Dienstherr ist verpflichtet, Beamte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang und ihrer Qualifikation, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. So hat es das Bundesverfassungsgericht BVG in einer Normenkontrolle zur Verfassungsmäßigkeit der Besoldung von Beamtinnen und Beamten festgeschrieben. (Beschluss vom 17. November 2015 2 BvL 19/09, 2 BvL 20/14, 2 BvL 5/13, 2 BvL 20/09)

ZITAT:

Zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG zählt das Alimentationsprinzip. Der Dienstherr ist verpflichtet, Beamte sowie ihre Familien lebenslang angemessen zu alimentieren und ihnen nach ihrem Dienstrang, nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung und nach der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Bei der praktischen Umsetzung besitzt der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungsspielraum, dem eine zurückhaltende, auf den Maßstab evidenter Sachwidrigkeit beschränkte gerichtliche Kontrolle entspricht. Die materielle Kontrolle beschränkt sich im Ergebnis auf die Frage, ob die Bezüge der Beamten evident unzureichend sind. Ob dies der Fall ist, muss anhand einer Gesamtschau verschiedener Kriterien und unter Berücksichtigung der konkret in Betracht kommenden Vergleichsgruppen geprüft werden.

Das Gericht gesteht dem Dienstherrn einen weiten Entscheidungsspielraum zu.

Die ökonomische Begründung, Beamte auch über die gesetzliche Rente zu alimentieren

Der Dienstherr sieht aktuell die Kosten, die er für seine Beamten ausgeben muss. Nach den bisherigen Regeln zahlen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vom Gehalt 19% des Einkommens an die Deutsche Rentenversicherung. Dafür erhält jeder Versicherte nach eingezahlten Beiträgen eine Rente. Dies könnte auch beim öffentlichen Dienst so geregelt sein. Zusätzlich kann der Dienstherr wie in der Privatwirtschaft eine Betriebsrente ausloben. Dafür muss der Dienstherr eine Rücklage z.B in einer Pensionskasse anlegen, aus der die Betriebsrente finanziert wird.

Die Beamtenversorgung ist haushaltsfinanziert. Im Jahr 2019 beliefen sich die Versorgungsausgaben für den unmittelbaren Bundesbereich (Beamte, Richter und Berufssoldaten im Ruhestand) auf rd. 6,4 Mrd. Euro (einschließlich Hinterbliebenenversorgung).

Setzt man diese Versorgungsausgaben ins Verhältnis zu den Steuereinnahmen des Jahres, ergibt sich die sogenannte Versorgungs-Steuer-Quote. Diese belief sich 2018 auf 1,96 Prozent.

Auch wenn der Staat 1999 begonnen hat, ein Sondervermögen "Versorgungsrücklage des Bundes" zu bilden, muss er in jedem Haushalt die zu erwartenden Kosten für die Versorgung einstellen. Das u. a. durch die Verminderung von Bezügeanpassungen aufgebaute Vermögen hatte Ende 2020 einen Marktwert von rund 17,3 Mrd. Euro. Ab dem Jahr 2032 soll es zur Finanzierung eingesetzt werden. Vorher hat man aber Pensionisten die Bezüge gekürzt. Sind das jetzt vorhandene Rücklagen oder wo liegt das Vermögen?

Würde man die komplette Alterszahlung in einer Pensionskasse absichern, so müsste dieses eingezahlte Geld „Sicher nach strengen Regeln“ angelegt werden und stünde für die laufenden Aufgaben nicht mehr zur Verfügung.

Mit dem Altersgeld als Baustein zur Modernisierung des öffentlichen Dienstes hat die Bundesrepublik 2013 ((BGBl. I S. 3386) das Fundament für eine „Betriebsrente“ gelegt. Das Altersgeldgesetz wurde durch Artikel 1 des „Gesetzes über die Gewährung eines Altersgelds für freiwillig aus dem Bundesdienst ausscheidende Beamte, Richter und Soldaten“ eingeführt. Noch ist das Gesetz nicht in allen Bundesländern umgesetzt, dieses Instrument kann auch generell für alle Beamte angewendet werden.

Beamte bekommen eine Rente nach den geltenden Regeln. Der Dienstgeber stockt die Rente durch Bezüge aus dem Altersruhegeld auf.

So werden die Personalkosten nicht auf eine (ungewisse) Zukunft verschoben und belasten die Staatskasse sofort.

Die gesellschaftspolitische Begründung

Beamte und Parlamentarier werden gleichermaßen alimentiert. Beamte und Parlamentarier entscheiden über die gesetzlichen Regelungen zum Rentenrecht und deren finanzielle Ausstattung. Wenn nun beide Bevölkerungsgruppen dem selben Rentenrecht unterliegen, werden sie von Entscheidern zu Betroffenen.

Auch im Bereich des Beamtentums gibt es eine große Einkommensspanne. Die soziale Spaltung zwischen „Denen da Oben“ und „Wir da Unten“ werden im Rentenrecht aufgehoben. Das Argument des „Harz IV-Rentners“ und der „Putzfrau in prekären Arbeitsverhältnissen“ wird zum Problem auch von Beamten und nicht nur von abhängig Beschäftigten und Rentenbeziehern.

So wirkt sich jede Verschlechterung auch direkt auf die Entscheider aus. Betroffenheit führt zu einer anderen Sichtweise auf die Begründungen und Argumentationen in der Diskussion. Neiddebatten, wie sie als Beispiel bei der Erhöhung des Eintrittsalters in die Rente geführt wurden, können erst gar nicht entstehen. Wenn die Regeln für Beamte später, wenn auch halbherzig, nachgezogen wurden, war das Kind schon in den Brunnen gefallen, und die Betroffenen wendeten sich vom Staat ab.