ADG-Sonderdruck aus der taz vom 28.05.2013
Mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin GABRIELE GOETTLE
Herr Morgan rechnet ein umstrittenes Instrument im Steuerrecht nach: Was hat es mit der „typisierenden Betrachtung“ nach Bert Rürup auf sich?

Krasses Fehlurteil des Bundesverfassungsgerichts

„Es geht um ein krasses Fehlurteil des Bundesverfassungsgerichts, darum, wie ein Gericht, eine Sachverständigenkommission und der Gesetzgeber gemeinsam einen Beitrag geleistet haben zur Altersarmut. Also es betrifft die Jüngeren, die im Arbeitsprozess Stehenden ebenso wie die Älteren und die Rentner. Das Gesetz, von dem hier die Rede ist, ist das ’Alterseinkünftegesetz‘. Die Besteuerung von Renten erfolgt ja seit dem 1. 1. 2005 nach diesem Gesetz. Es wurde am 9. Juli 2004 verkündet, trat zum 1. Januar 2005 in Kraft. Es geht zurück auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2002 und auf die Arbeitsergebnisse und Empfehlungen einer extra eingesetzten ’Sachverständigenkommission zur Neuordnung der Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Alterseinkommen‘.

Im Jahr 2002 hat das Bundesverfassungsgericht dieses Urteil zur Besteuerung von Renten und Pensionen gefällt. Arglos habe ich den Urteilstext gelesen. Ich dachte gleich, da kann doch was nicht stimmen. Das Gericht hat versucht, anhand von drei Argumentationslinien, die ’steuerliche Benachteiligung von Pensionären‘ gegenüber Rentnern aufzuzeigen. Mir fiel u. a. auf, dass immer wieder ein Terminus vorkam, den ich überhaupt nicht verstand. Ich habe im Duden geschaut, im Wahrig, nichts! Es handelt sich um den Terminus ’Typisierende Betrachtung‘. Ich habe das Gericht ange-
schrieben und gefragt, was ist das, eine ’typisierende Betrachtungsweise‘, was bedeutet das im Urteilstext? Und man hat mich dann belehrt, sie seien nicht verpflichtet, Auskunft zu geben. Auch der Schriftführer hat sich geweigert. Da stand ich erst mal dumm da und war natürlich verärgert.

Im Jahr 2002 hat das Bundesverfassungsgericht dieses Urteil zur Besteuerung von Renten und Pensionen gefällt. Arglos habe ich den Urteilstext gelesen. Ich dachte gleich, da kann doch was nicht stimmen. Das Gericht hat versucht, anhand von drei Argumentationslinien, die ’steuerliche Benachteiligung von Pensionären‘ gegenüber Rentnern aufzuzeigen. Mir fiel u. a. auf, dass immer wieder ein Terminus vorkam, den ich überhaupt nicht verstand. Ich habe im Duden geschaut, im Wahrig, nichts! Es handelt sich um den Terminus ’Typisierende Betrachtung‘. Ich habe das Gericht ange-
schrieben und gefragt, was ist das, eine ’typisierende Betrachtungsweise‘, was bedeutet das im Urteilstext? Und man hat mich dann belehrt, sie seien nicht verpflichtet, Auskunft zu geben. Auch der Schriftführer hat sich geweigert. Da stand ich erst mal dumm da und war natürlich verärgert.
Im Jahr 2003 wurde dann vom Bundesminister für Finanzen diese Sachverständigenkommission eingesetzt zur Erarbeitung von Empfehlungen für die Gesetzesvorlage. Den Vorsitz hatte Bert Rürup inne. Einer der Wirtschaftsweisen. Damals war er ein bekannter Mann. Stark gefragt auch bei der Privatwirtschaft, der er als Lobbyist der Privatvorsorge und zur Förderung der Geschäftsinteressen von Versicherungskonzernen hilfreich zur Seite stand. Bis unlängst noch tingelte er mit dem Finanzunternehmer Maschmeyer herum. Damals 2003 jedenfalls war er Vorsitzender in gleich drei
Kommissionen. Alle zum Sozialsystem. In zweien hat er gesagt, wir müssen an den Renten sparenn der dritten sagte er das Gegenteil. Also, im selben Jahr 2003, unter der Leitung desselben Kommissionsvorsitzenden Rürup, geht die Sachverständigenkommission davon aus, dass das Rentenniveau deutlich steigt, die anderen beiden Kommissionen dagegen, dass es deutlich sinkt.

2004 habe ich dann gesehen, auch das Gesetz basiert wieder auf der Betrachtung des sogenannten ’typisierten Pflichtversicherten“, also auf ’typisierender Betrachtung“, die nicht nur im Urteil, sondern auch im Bericht der Sachverständigenkommission eine entscheidende Rolle spielt. Ich dachte, wenn der Herr Rürup das so sagt, dann wird er es ja wissen. Also habe ich ihn angeschrieben und
wieder meine Frage gestellt. Nach längerer Zeit bekam ich dann eine Antwort, indem er mir den Bericht der Sachverständigenkommission schickte. Den habe ich sehr gründlich studiert.

Lesen Sie weiter im Blog von Herrn Dr. Morgan Das Alterseinkünftegesetz

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